Niedersächsisches Landvolk Kreisverband Rotenburg-Verden e.V.

Unsere Tradition: Die Zukunft sichern

Im Dialog mit der Politik

Offener Austausch mit Bundestagsabgeordneter Lena Gumnior

Kürzlich fand ein intensiver und konstruktiver Austausch zwischen dem Landvolk-Kreisverband Rotenburg-Verden und der Bundestagsabgeordneten Dr. Lena Gumnior (Bündnis 90/Die Grünen) aus dem Wahlkreis Osterholz-Verden statt. Diskutiert wurden aktuelle und teils brisante Themen wie die Wiedervernässung von Mooren, der Umgang mit dem Wolf, die Tierhaltungskennzeichnung, die geplante Agrarstrukturreform, der Ausbau erneuerbarer Energien und das Projekt “Ottersberger Weg”. Ziel des Gesprächs war es, die Herausforderungen der landwirtschaftlichen Praxis offen anzusprechen und Lösungen im Dialog mit der Politik zu finden.

Wiedervernässung von Mooren: Landwirte fordern Mitsprache

Ein zentrales Thema war die geplante Wiedervernässung von Moorflächen: Für die betroffenen Betriebe in der Region ein sensibles Vorhaben mit weitreichenden Auswirkungen.

„Wir müssen mit allen demokratischen Parteien im Gespräch bleiben und das möchten wir auch“, betonte Christian Intemann, Vorsitzender des Landvolk-Kreisverbands Rotenburg-Verden. Dabei gehe es nicht nur um landwirtschaftliche Interessen, sondern um die Belange des gesamten ländlichen Raums. „Die Menschen vor Ort haben das Gefühl, zunehmend abgehängt zu werden“, so Intemann.

Die Wiedervernässung sorge bei vielen Praktikern für große Unsicherheit. Intemann appellierte: „Die Landwirte müssen stärker eingebunden werden. Es braucht sinnvolle, praktikable Lösungen, keine Maßnahmen, die über ihre Köpfe hinweg entschieden werden.“

Auch Geschäftsführer Carsten Hoops unterstrich die Notwendigkeit einer besseren Kommunikation: „Akzeptanz kann nur entstehen, wenn die betroffenen Menschen mitgenommen werden.“ „Es geht nicht nur um Flächen, sondern um Existenzen, soziale Strukturen und die Zukunft ganzer Dörfer,“ pflichtet Intemann bei, denn wenn junge Menschen keine sichere Perspektive für Wohnen und Arbeiten im ländlichen Raum hätten, verliere das Dorf seine Zukunft.

Dr. Lena Gumnior zeigte Verständnis für die Sorgen: „Wenn über die Köpfe der betroffenen Menschen hinweg entschieden wird, stößt dies selbstverständlich auf Widerstand.“

Wolf: Frust in der Weidetierhaltung wächst

Ein weiteres emotional aufgeladenes Thema war der Umgang mit dem Wolf. Der gute Erhaltungszustand sei in Niedersachsen mit über 40 Rudeln längst erreicht, so Intemann. „Doch die Landesregierung handelt nicht. Umweltminister Meyer bleibt konkrete Schritte schuldig, obwohl die EU mittlerweile den Weg für Entnahmen geöffnet hat.“

Gumnior bestätigte: „Der Konsens, dass ein günstiger Erhaltungszustand erreicht ist, besteht.“

Gleichzeitig warnte Intemann vor der zunehmenden Radikalisierung der Debatte: „Jäger, die eine Entnahme durchführen, stehen mittlerweile unter massivem Druck. So kann es nicht weitergehen.“

Tierhaltungskennzeichnung: Gefahr, dass Bundesvorgaben an Landesgrenze scheitert Die geplante Tierhaltungskennzeichnung wurde ebenfalls kritisch diskutiert. Zwar wurde die Frist zur Umsetzung von August 2025 auf März 2026 verschoben, doch die Herausforderungen bleiben.

„Dass die Umsetzung Ländersache ist, sehen wir äußerst kritisch. Das führt zu einem Flickenteppich und gefährdet die Wettbewerbsfähigkeit unserer Betriebe“, sagte Intemann.

Gumnior räumte ein: „Das Grundproblem ist, dass für den Erzeuger am Ende oft zu wenig übrigbleibt.“ Sie sprach sich ebenfalls für eine bundesweit einheitliche Lösung aus.

Intemann machte deutlich: „Wir brauchen ein realistisches Bild davon, wie an der Ladentheke wirklich entschieden wird. Tierwohl endet nicht am Regal, sondern beginnt bei fairen Bedingungen für die Betriebe.“

Agrarstrukturreform: Gute Ansätze, aber noch viele Fragen

Die geplante Agrarstrukturreform wurde differenziert diskutiert. Gumnior war interessiert daran zu erfahren, wie die Landwirte die Pläne bewerten. „Grundsätzlich gibt es gute Ansätze, insbesondere bei der regionalen Verbundenheit“, sagte Intemann. „Aber die Verbände wurden zu spät einbezogen. Zudem reden wir vom Bürokratieabbau, erleben im Rahmen der Reform aber genau das Gegenteil.“

Besonders kritisch sah er die angedachte Flächenobergrenze: „300 Hektar sind für viele Grünlandbetriebe keineswegs viel. Ob das verfassungsrechtlich Bestand hat, ist mehr als fraglich.“

Hoops betonte: „Die Idee, die landwirtschaftliche Struktur zu schützen, ist richtig. Aber man darf nicht zu sehr in der Vergangenheit leben. Der Markt wird entscheiden. Jeder Betrieb krampfhaft zu erhalten, ist keine nachhaltige Strategie.“

Gumnior stellte klar: „Wir brauchen eine Struktur, die langfristig für alle tragfähig ist. Jetzt müssen wir schauen, welche Befürchtungen sich bewahrheiten und wo Anpassungen notwendig sind.“

Erneuerbare Energien: Akzeptanz braucht Fairness

Auch wenn der Bereich der erneuerbaren Energien für die Landwirtschaft viel Potential birgt, sorgt der massive Trassenbau bei den Landwirten zunehmend für Unmut.
„Viele Flächen werden stark in Mitleidenschaft gezogen, ganz anders als in der Vorplanung besprochen“, berichtete Hoops. „Das Vertrauen sinkt. Wir sind an einem Punkt, an dem viele Landwirte nicht mehr mitziehen.“ Er forderte, bestehende Planungen angesichts technischer Fortschritte wie Batteriespeichern zu überprüfen.

Gumnior zeigte sich betroffen: „Ein eigentlich guter Prozess endet mit Frust, wenn in der Umsetzung Fehler gemacht werden, das ist nachvollziehbar.“ Intemann betonte: „Wir sträuben uns absolut nicht gegen erneuerbare Energien. Aber das Wie muss sich ändern.“ Ein Vorschlag von Gumnior: Strom dort günstiger machen, wo er produziert wird, als Signal für mehr Akzeptanz.

Ottersberger Weg: Vorbild für freiwilligen Naturschutz

Der “Ottersberger Weg” ist ein Konzept im Flecken Ottersberg, bei dem Landwirte und Jägerschaft gemeinsam die Artenvielfalt fördern, indem sie durch einen unbefristeten Ratsbeschluss Ausgleichsflächen für umgepflügte Wegeseitenränder schaffen. Landwirte säen gezielt Blühmischungen auf bestimmten Flächen aus, um die Biodiversität zu erhöhen und gleichzeitig ein innovatives Wegeränder-Konzept zu realisieren. Die Landwirte stellen dabei freiwillig mehr an Fläche zur Verfügung als im Zuge des Ausgleichs nötig wäre. Erst kürzlich forderten die Ottersberger Grünen jedoch die Einstellung des “Ottersberger Weges“. Für das Landvolk ein klarer Anlass Lena Gumnior die Wichtigkeit des Projektes zu erläutern.

„Für uns ist das ein Vorzeigeprojekt für Eigeninitiative, Naturschutz und Kooperation, ganz im Sinne des Niedersächsischen Weges“, so Intemann.

Gumnior äußerte sich überrascht: „Es scheint hier insbesondere ein Informationsdefizit auf Seiten der Kommune zu geben, das sollte geklärt werden. Transparenz ist ein wichtiger Baustein für Akzeptanz.“

Fazit: Dialog auf Augenhöhe bleibt entscheidend

Das Gespräch mit Dr. Lena Gumnior zeigte, wie wichtig der direkte Austausch zwischen Landwirtschaft und Politik ist. Viele Themen sind komplex und emotional aufgeladen, umso wichtiger ist es, sie offen und ehrlich zu diskutieren.